Begründungsstrategien des Singens (Dissertationsprojekt)
Dissertationsvorhaben – Anne Günster
Arbeitstitel: „Es wird wieder gesungen“. Eine diskursanalytische Studie zu Begründungsstrategien in musikdidaktischen Zeitschriften
In meiner musikpädagogischen Forschungsarbeit gehe ich der Frage nach, mit welchen Strategien das Singen als Gegenstand des allgemeinbildenden Musikunterrichts (re)produziert und begründet wird. Dafür analysiere ich Artikel zum Thema Singen aus musikdidaktischen Zeitschriften im Zeitraum von 1990 bis 2015.
Seit den 1990er Jahren lässt sich ein gestiegenes musikpädagogisches Interesse am Singen im Musikunterricht beobachten, was sich u.a. an der Zunahme von Publikationen, v.a. im Bereich der Lehrwerke und empirischer Studien, ablesen lässt (zusammenfassend vgl. Dyllick 2018). In der musikpädagogischen Forschung wurde dieses erneuerte Interesse am schulischen Singen vor allem in zweierlei Hinsicht aufgegriffen: So wird kritisiert, dass Begründungen des Singens oftmals unhinterfragt bzw. argumentativ schwach tradiert werden (vgl. Kranefeld & Krause 2011). Im Anschluss daran widmen sich mehrere Forschungsarbeiten der Neubegründung des Singens in der Schule mit Rückbezug auf ästhetische (vgl. Antwerpen 2014) oder konstruktivistische (vgl. Dyllick 2019) Theorien sowie auf Modelle der Unterrichtsqualität (vgl. Henning 2014).
Wenig erforscht ist bislang die Frage, auf welche Weise das neu bzw. wieder entdeckte Interesse am schulischen Singen als spezifisch musikpädagogischer Legitimationsdiskurs funktioniert. An dieser Stelle setzt meine diskursanalytische Forschungsarbeit an: Mit der analytischen Beschreibung der Funktionsweise von diskursiven Strategien als Praktiken des Erzeugens, Ordnens und Verschiebens von Bedeutung kann ich zeigen, wie in den musikdidaktischen Thematisierungen des Singens verschiedene Begründungsfiguren aufgegriffen und verbunden werden, um so eine machtvolle, scheinbar selbstverständliche Konsistenz und Legitimität des (Unterrichts-) Gegenstands Singen zu erzeugen. Mit der Darstellung der ein- und ausschließenden Wahrheitseffekte dieser diskursiven Strategien leistet meine Arbeit auch einen Beitrag zum Selbstverständnis der Musikpädagogik als Kritische (Kultur-) Wissenschaft (vgl. Vogt 2006, Vogt 2016).