Schwerpunkt I: Sprachliche Bildung im Lebensverlauf
Im Zentrum der Aktivitäten dieses Schwerpunkts steht sprachliche und schriftsprachliche Bildung im Kontext von Diversität über den Lebensverlauf. Das besondere Augenmerk dabei gilt der Frage, welche sprachlichen Fähigkeiten in den verschiedenen Phasen des Lebensverlaufs für eine selbstbestimmte und erfolgreiche gesellschaftliche Teilhabe erforderlich sind.
Mehrsprachigkeit und sprachliche Diversität bilden den allgemeinen Rahmen für Erwerb und Gebrauch sprachlicher Fähigkeiten in der Einwanderungsgesellschaft. Daraus ergeben sich im individuellen Fall Voraussetzungen für und Einflussgrößen auf die Aneignung sprachlicher Fähigkeiten. Die Möglichkeit der Teilhabe wird jedoch nicht nur durch die Fähigkeiten selbst beeinflusst, sondern auch von deren gesellschaftlicher Bewertung. Die Forschung im Schwerpunkt richtet sich deshalb sowohl auf individuelle als auch auf gesellschaftliche Bedingungen.
Beispiele für Fragestellungen sind: Welche Ausprägung sprachlicher Kompetenzen im Deutschen und in weiteren Sprachen unterstützt den Zugang zu Berufen, berufliche Karrieren oder Berufszufriedenheit? Unter welchen Bedingungen sind die Herkunftssprachen von Personen mit Migrationsgeschichte begünstigend für berufliche Laufbahnen? Welche Rolle spielt das Verfügen über Schriftfähigkeiten in mehreren Sprachen für Teilhabe?
Die Arbeit in diesem Schwerpunkt orientiert sich nicht an den Bildungseinrichten (von Kindertagesstätte über Schule, Berufsausbildung, Erwachsenenbildung oder Hochschulen), sondern an Themen und Problemen, die sich über den Lebensverlauf stellen. Ein Beispiel dafür ist die Aneignung bzw. Vermittlung von Schrift. Diese beginnt in der Kindheit, aber endet keineswegs mit dem Abschluss der Schule: In beruflicher Bildung, Studium oder Berufsausübung kommen neue Anforderungen an die Schriftbeherrschung auf die Person zu. Die Bewältigung dieser Anforderungen gelingt umso besser, je stabiler die bereits vorhandenen Grundlagen sind – aber nicht immer sind solche stabilen Grundlagen gegeben: Möglich ist etwa, dass die Schriftaneignung schon in der Schule nicht erfolgreich war; oder, dass ein Umbruch in der Lebenslage – z.B. durch Migration – dazu führt, dass Schriftaneignung erneut, aber in einer anderen Sprache nötig ist. Eine der Forschungsfragen, die sich hier eröffnen, lautet: Ist es möglich, Schriftvermittlungsmethoden, die sich für Kinder im Schulalter bewährt haben, auch bei Erwachsenen erfolgreich anzuwenden?
Die im Schwerpunkt versammelten Projekte adressieren (Stand: 2023) die Bereiche Kindheit und Jugend, Berufseinmündung und akademische Orientierung, Literalität und Lernen im Erwachsenenalter (bis zum hohen Erwachsenenalter).