Seminar „Holocaust und Nationalsozialismus als Thema im Sachunterricht“Erfahrungsräume für ein aktives ErinnernLehramtsstudierende der Didaktik des Sachunterrichts im Gespräch mit Zeitzeug:innen
27. August 2025

Foto: UHH/Weddehage
Wie kann man mit Grundschulkindern über die Zeit des Nationalsozialismus sprechen? Wie gelingt historisches und politisches Lernen im Grundschulalter und warum ist es so wichtig? Welche Zugangsweisen gibt es, um bereits im Sachunterricht der Grundschule komplexe gesellschaftliche Themen sensibel und verantwortungsvoll zu bearbeiten? Diesen Fragen widmeten sich rund 60 Lehramtsstudierende der Didaktik des Sachunterrichts der Fakultät für Erziehungswissenschaft der Universität Hamburg im Rahmen des Seminars „Holocaust und Nationalsozialismus als Thema im Sachunterricht“.
Ein zentrales Element des Seminars war das Zeitzeug:innengespräch mit Antje Kosemund und dem Zweitzeugen Ruben Herzberg. Antje Kosemund berichtete über ihre Schwester, die ein Opfer der sogenannten „Euthanasie“-Verfolgung wurde. Ruben Herzberg trug die Geschichte seiner Familie in der NS-Zeit weiter, die von Flucht und Verfolgung gezeichnet ist. Die Studierenden bereiteten das Gespräch eigenständig vor, moderierten die Veranstaltung und reflektierten die Begegnung im Nachgang im Seminar. Dabei ging es nicht nur um das historische Geschehen selbst, sondern auch um die pädagogische Kernfrage: Wie lässt sich der Nationalsozialismus mit Kindern altersgerecht und verantwortungsvoll thematisieren, ohne sie zu überfordern und ohne das Geschehen zu verharmlosen?
Das Seminar, geleitet von Karen Weddehage und Nina Weißenborn, verknüpfte fachliche Inhalte mit fachdidaktischen Perspektiven und konkreter Unterrichtspraxis. Behandelt wurden unterschiedliche Zugänge, etwa durch Zeitzeug:innenarbeit, Kinderliteratur, Gedenkstättenpädagogik sowie fremdbiografische und lokalgeschichtliche Lernwege. Auch die Gestaltung von Erinnerungskultur in Hamburger Grundschulen war Gegenstand des Seminars. Dabei wurden autobiografisch-reflexive Ansätze für die Studierenden verfolgt, um die vielfältigen Eindrücke aus dem Seminar für die Lehrer:innenprofessionalisierung fruchtbar zu machen. Ziel war neben dem Aufbau fachdidaktischen Wissens auch die reflektierte Auseinandersetzung mit der eigenen Haltung, um daraus Impulse für ihr zukünftiges pädagogisches Handeln abzuleiten.
Die Begegnung mit Antje Kosemund und Ruben Herzberg war dabei mehr als ein bloßer Lernanlass: Sie ermöglichte eine persönliche Begegnung mit Geschichte. Diese direkte Begegnung mit Zeit- und Zweitzeug:innen wurde von vielen Studierenden als besonders eindrücklich erlebt. Sie betonten, wie prägend solche Erfahrungsräume für das eigene pädagogische Selbstverständnis seien und dass sie ähnliche Formate auch in ihrem späteren Berufsleben umsetzen möchten.
Das Seminar machte deutlich: Historisch-politische Bildung ist auch im Grundschulalter möglich und notwendiger denn je. Angesichts wachsender Demokratiefeindlichkeit und antisemitischer Tendenzen braucht es Bildungsarbeit, die nicht nur Wissen vermittelt, sondern junge Menschen zu einer reflektierten und demokratischen Haltung ermutigt.